Seit dem 1. Januar 2005 haben wir das Arbeitslosengeld II. Die Einführung dieses Transfersystems war eine der bedeutendsten Sozialreformen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das alte dreistufige System der Unterstützung arbeitsloser Menschen (Arbeitslosengeld / Arbeitslosenhilfe / Sozialhilfe) wurde von einem zweistufigen System abgelöst. Erwerbsfähige Langzeitarbeitslose erhalten nun Arbeitslosengeld II anstelle von Arbeitslosenhilfe bzw. Sozialhilfe.

Anders als die Bezeichnung anzudeuten scheint, haben nicht nur von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Menschen, sondern grundsätzlich alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zwischen 15 und 64 Jahren Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Auch Erwerbstätige und sogar Bezieher von Arbeitslosengeld können Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, wenn ihre Einkünfte unterhalb der durch diesen Transfer definierten Bedarfsschwellen liegen. Man kann das steuerfinanzierte Arbeitslosengeld II daher mit Fug und Recht als das unterste Auffangnetz der Solidargemeinschaft bezeichnen.

Anders als früher bei der Arbeitslosenhilfe ist das Leistungsniveau des Arbeitslosengeldes II bedarfsabhängig. Es soll das physische und das soziokulturelle Existenzminimum der Empfänger einschließlich angemessener Unterkunftskosten sichern.

Auf dem Arbeitsmarkt wirkt das Arbeitslosengeld II faktisch wie ein Mindestlohn, da die meisten Menschen durch Erwerbsarbeit mindestens das verdienen wollen, was ihnen an Arbeitslosengeld II zusteht. Davon abgesehen hat das Arbeitslosengeld II auch den Charakter eines Kombilohns. Empfängern, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, wird ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld II nicht etwa gestrichen. Innerhalb bestimmter Grenzen wird ihnen lediglich ein Teil ihrer Bezüge auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Beim Arbeitslosengeld II handelt es sich aber nicht um ein sogenanntes “Grundeinkommen”, da der Transfer bei Arbeitsunwilligkeit des Empfängers gekürzt werden kann.

Unterkunfts- und Heizkosten werden beim Arbeitslosengeld II übernommen, sofern die Wohnung angemessen, das heißt nicht zu groß oder zu teuer ist. Der Begriff der Angemessenheit wird von Ort zu Ort unterschiedlich ausgelegt. Die Obergrenzen für die angemessene Miete pro Quadratmeter reflektieren die örtlichen Wohnungsmarktverhältnisse, aber auch den in unterschiedlicher Weise ausgeübten Ermessensspielraum der verschiedenen Träger.

Auch bei selbstgenutztem Wohneigentum können angemessene Unterkunftskosten übernommen werden. Von der Erstattung ausgeschlossen sind allerdings Tilgungsleistungen. Instandsetzungs- und Modernisierungskosten werden nur in engen Grenzen erstattet.

Wegen seiner weiten Zielgruppenabgrenzung hat das  Arbeitslosengeld II das Wohngeld als Transfersystem zur Sicherung angemessenen Wohnkonsums weitgehend abgelöst. Seit dem 1.1.2005 ist vom Wohngeldbezug ausgeschlossen, wer Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bezieht. Damit hat das Wohngeld einen großen Teil seiner Empfänger auf einen Schlag verloren. Es kam hinzu, daß auch viele geringverdienende Erwerbstätige und Kurzzeitarbeitslose Leistungen für Unterkunft im Rahmen des Arbeitslosengeldes II anstelle von Wohngeld beziehen. Das Leistungsvolumen des Arbeitslosengeldes II stellt das des Wohngeldes inzwischen weit in den Schatten.

Während im Jahr 2004 noch 3,5 Mio. Haushalte (9,0 Prozent aller Haushalte) insgesamt € 5,183 Mrd. an Wohngeldzahlungen erhalten haben, ist die Zahl der Empfängerhaushalte im Jahr 2005 um 78 Prozent auf nur noch 780.660 gefallen (2,0 Prozent aller Haushalte). Die Auszahlungen sind um 76 Prozent auf nur noch € 1,235 Mrd. gefallen.

Auf der anderen Seite haben im Jahr 2005 3,7 Mio. Haushalte (9,44 Prozent aller Haushalte) zusammen € 12,1 Mrd. an Leistungen für Unterkunft (LfU) im Rahmen des Arbeitslosengeldes II erhalten. Die Zahl der LfU-Empfänger überstieg die der Wohngeldempfänger mithin fast um das Fünffache.

 

 

Ressourcen zum ALG II

  • AG TuWas (Hg.):Leitfaden ALG II / Sozialhilfe von Rainer Roth und Harald Thomé, 24. Auflage vom  1. Oktober 2006
    Praxisratgeber nicht nur für Betroffene auf aktuellem Rechtsstand. Bestellformular unter http://www.harald-thome.de/
  • Arbeitsmarktstatistiken der Bundesagentur für Arbeit
  • Deutscher Landkreistag (2006): Evaluation der Aufgabenträgerschaft nach dem SGB II, Band 59 der Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Deutschen Landkreise e.V.
  • Henneke, H. (2006): Neuregelung der Finanzierungsverantwortung für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 46 Abs. 5 und 7 SGB II ab 2007, in: Der Landkreis 3/2006.
  • Kofner, S. (2006a): Arbeitslosengeld II, in: Die Wohnungswirtschaft Nr. 2, 59. Jg., S. 42-43.
  • Kofner, S. (2006b): Auswirkungen des ALG II auf das Wanderungsverhalten und die soziale Segregation, Vortrag auf dem Arbeitskreis Wohnungsmarktforschung in der Deutschen Gesellschaft für Geographie am 20.5.2006 in Wittenberg.
  • Kofner, S. (2006c): Arbeitslosengeld II, Teil 1-3, in: Wohnungswirtschaft und Mietrecht, 59. Jg. (2006), Heft 6-8.
  • Kofner, S. (2006d): Reformdiskussion des Arbeitslosengeldes II, Vortrag auf der Sitzung des Unterbezirksvorstandes Neiße der SPD Sachsen am 14.11.2006 in Reichenbach.
  • Kofner, S. (2007a): ALG II im Landkreis Löbau / Zittau: Zwischenbilanz nach zwei Jahren, Vortrag auf einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung des SPD-Ortsvereins Zittau zum Thema am 12.3.2007 im Café Filmriß in Zittau.
    Pressemitteilung dazu zum Herunterladen.
  • Kofner, S. (2007b): Housing Allowances in Germany, forthcoming in: Kemp. P.: Housing Allowances in Comparative Perspective, University of Bristol: The Policy Press.
  • Ombudsrat Grundsicherung für Arbeitslose (2006): Schlußbericht, Berlin, den 23. Juni 2006.
  • Rips, F. (2004): Wohnen in Deutschland mit Hartz IV, in Wohnungswirtschaft und Mietrecht, 57. Jg, Heft 8, S. 439-446.
  • Rips, F. (2004): Hartz IV: Die Behandlung von Wohnungsfragen in der Praxis, in Wohnungswirtschaft und Mietrecht, 57. Jg, Heft 10, S. 632-641.
  • Rips, F. (2005): Wohnen unter Hartz IV - erster Erfahrungsbericht, in Wohnungswirtschaft und Mietrecht, 58. Jg, Heft 8, S. 439-446.
  • Thomé, H.: (2007): Folienvortrag zum ALG II.

 

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